Schwangere erleben immer öfter Druck bei der Arbeit
556 werdende Mütter haben im vergangenen Jahr in der Region Biberach-Saulgau die Schwangerschaftsberatung der Caritas aufgesucht. In den insgesamt 1188 Beratungsgesprächen klang an: Schwangere Frauen mit einem Beschäftigungsverbot sind am Arbeitsplatz immer wieder massivem Druck ausgesetzt. Das berichtet die Caritas in einer Pressemitteilung.
So wüssten Arbeitgeber teilweise nicht, dass sie den Arbeitsausfall der schwangeren Mitarbeiterin durch eine Umlage bei der Krankenkasse erstattet bekommen. Manche Frauen würden darüber krank oder sähen in der Kündigung den einzigen Ausweg. Dies habe zur Folge, dass sie später weniger Elterngeld erhielten oder kein Arbeitslosengeld I bekämen. „Haben die Frauen einen befristeten Arbeitsvertrag, entfristen Arbeitgeber diese häufig nicht mehr, sobald sie von der Schwangerschaft wissen“, so die Caritas weiter. Gerade die Schwangeren, die nach einer Trennung vom Kindsvater allein erziehend sein werden, stünden vor dem großen Problem, wie sie sich und ihr Kind während der Elternzeit finanzieren können. Das Elterngeld, das in diesen Fällen bis zu 14 Monate gewährt wird, reiche in der Regel nicht aus.
Die Caritas Rottenburg-Stuttgart betont, dass die eigene Berufstätigkeit auch nach der Geburt des Kindes für die meisten Frauen - insbesondere aber für alleinerziehende - einen hohen Stellenwert habe. „Wenn Frauen aufgrund ihrer Schwangerschaft ihre Arbeit verlieren, steuern sie häufig geradewegs in die Armut. Das darf nicht sein“, fordert Peter Grundler, Regionalleiter der Caritas Biberach-Saulgau. Als frischgebackene Mutter den Sprung in ein neues Beschäftigungsverhältnis zu machen, sei unglaublich schwer. Die Caritas und der Sozialdienst katholischer Frauen unterstützen Frauen, damit diese ihre Berufsbiografie jenseits von Minijobs und Mindestlohn gehen können, was häufig sehr schwer sei. Um die finanzielle Absicherung von Alleinerziehenden sowie von jungen Familien zu stärken, muss aus Sicht des Caritasverbands auch der Zugang zu familienfördernden Leistungen dringend vereinfacht werden. „Eine Infrastruktur, die es ermöglicht, Familie und Beruf zu vereinbaren, muss bereitstehen. Dabei darf das Thema 'Zeit für Familie' nicht verloren gehen“, so Grundler.
Die Beraterinnen beobachteten im Jahr 2019 und damit schon vor Corona, dass Eltern nach der Geburt eines Kindes wieder verstärkt in die traditionellen Rollen gingen. „Der Wegfall des eigenen Einkommens führt zu einer Verunsicherung von Frauen. Ein gemeinsames Wirtschaften scheint in manchen Familien nicht mehr selbstverständlich“, fasst Andrea Hehnle, Leiterin der Familienhilfen in der Caritas-Region Biberach-Saulgau, zusammen. „Andererseits würden einige Väter gerne mehr als zwei 'Vätermonate' Elternzeit nehmen. Aus finanziellem Druck oder gesellschaftlichen Erwartungen übernehmen sie dann doch die Versorgerrolle.“
Beratungsangebot
Die Region Biberach-Saulgau ist eine von neun Caritas-Regionen in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Hier sind fünf Beraterinnen in der Katholischen Schwangerschaftsberatung in 2,8 Vollzeitstellen tätig. Sie beraten und begleiten Frauen und Paare an den Standorten Biberach, Laupheim, Riedlingen und Bad Saulgau. Die Mitarbeiterinnen beraten zu Fragen der Sexualaufklärung und Familienplanung; sie sind Anlaufstelle bei allen Anliegen, die eine Schwangerschaft berühren. Die Beraterinnen sind geschult in sozial- und familienrechtlichen Fragestellungen. Sie informieren über familienfördernde Leistungen, vermitteln bei Bedarf finanzielle Hilfen und bieten auch Beratung im Zusammenhang mit pränatal diagnostischen Untersuchungen. Sie stehen im Übergang von der Paarbeziehung zur jungen Familie an der Seite von jungen Eltern und vermitteln in Angebote Früher Hilfen. Auch die Themen Trauer und früher Verlust eines Kindes haben ihren Platz an der Beratungsstelle. Alle Angebote sind vertraulich, kostenlos, unabhängig von Alter, Geschlecht, Nationalität oder Religionszugehörigkeit und auf Wunsch anonym.